Finde ich. Trotzdem haben sie 3:0 gegen Ghana gewonnen. Ich habe auch den Eindruck, dass im Achtelfinale in den letzten Tagen etwas die Spielfreude verloren geht. Die Mannschaften "stolpern" eher mühsam ins Viertelfinale.
Und allein schon deshalb kann das heutige Dortmunder Spiel eigentlich nur besser werden als der gestrige Grotten-Kick in Köln:
Ich war jetzt 2 Mal auf dem Fanfest in Dortmund, als die Brasilianer gespielt haben. Brasilianerinnen waren da, aber die sahen irgendwie anders aus. Irgendwas mache ich falsch...
Markus am 27.06.06 21:53
Kübelweise schüttet die Auslandspresse Lob über uns Deutsche aus: Wie gastfreundlich, wie hilfsbereit, wie locker ... Alles Komplimente, die wir - seien wir ehrlich - doch schon immer mal aus dem Mund von Italienern, Franzosen oder Engländern hören wollten. Doch was der Auslandspresse völlig entgangen ist: Die "abartigen Müllberge" nach den Public Viewing Veranstaltungen! Besonders schlimm sei es nach Spielen der deutschen Mannschaft, schimpft Elke Prokopp, Leiterin der Straßenreinigung in Stuttgart.
Im Land der Mülltrenn-Weltmeister gehen nach Toren von "Poldi" und Klose offenbar jetzt die guten Sitten unter. Es seien schon Südkoreaner beobachtet worden, die beim Fanfest den Müll von Deutschen in nahegelegene Abfallkörbe verfrachtet hätten, berichtet eine Kollegin. Das geht eindeutig zu weit. Nachher heißt es noch "Die Welt zu Gast bei Ferkeln". Die nächste Bewährungsprobe haben wir am Freitag. "Da kommt es wieder knüppeldicke", prophezeit die Stuttgarterin Prokopp. Dann spielt Deutschland gegen Argentinien.
meiomei heul doch
sepp d. meister am 28.06.06 02:03
Wer eh schon knapp dran ist, sollte nicht auch noch aufmüpfig sein. Aber als ich heute an einen Dortmunder Ich-bin-sehr-wichtig-Ordner geriet, der mich einer besonders intensiven Leibesvisitation unterzog, konnte ich nicht anders. Er: "Was haben wir denn in den Hosentaschen?" Ich: "Keine Ahnung was Sie in Ihren Taschen haben!" Die Folge: Er unterzog selbst mein gebrauchtes Taschentuch einer eingehenden Prüfung...
Wer, bitte schön, geht denn auch im Brioni ins Stadion? Das ist wüsteste Ordner-provokation!
Marion am 27.06.06 22:22
Hallo Marion,
ich bin zwar Multi-Tasking-fähig, aber mir die Taschen abgrabbeln zu lassen und gleichzeitig diese Situation zu fotografieren - das ist zuviel verlangt. Daher gehört der von Dir vermutete Brioni-Anzug zu einem der zahlreichen VIPs im Stadion.
Stefan am 27.06.06 23:51
Es ist ja nichts Neues, dass Fußballprofis - lässt man sie ans Steuer eines flotten Automobils - gerne mal über die Stränge schlagen. Ob Oliver Kahn im schmucken Ferrari, Diego "Hand Gottes" Maradona im Van (wie Kollege Göllner bereits berichtet hat) oder auch unser aller Kaiser und WM-OK-Chef Franz Beckenbauer.
Der war anno 2005 in einem schicken Ingolstädter KFZ aus dem FC Bayern-Fuhrpark geblitzt worden. 74 statt 30 Stundenkilometer schnell. Die 74 ist halt eine kaiserliche Zahl. Ein findiger Kriminaloberkommissar, gleichzeitg Ordner bei den Bayern, dachte sich da wohl: "Ein Strafzettel für den Kaiser? Das grenzt doch an Majestätsbeleidigung". Und auf Anfrage des FC-bayerischen Fuhrparkchefs wurde aus der Beckenbauer-Sünde kurzerhand ein Bußgeld-freier Polizeieinsatz. Für den findigen Polizisten gab's allerdings einen Einsatz vor Gericht.
Der Leidtragende ist nun wiederum Nationalmannschaftskapitän Michael Ballack. Der muss nämlich am 20. Juli, elf Tage nach dem WM-Endspiel und eigentlich längst schon beim FC Chelsea, vor dem Verwaltungsgericht in München aussagen. War vielleicht nicht nur der Kaiser zu schnell, sondern auch diverse Kicker aus dem Kader des Deutschen Meisters? Diese und andere Fragen soll die Aussage des Nationalmannschaftskapitäns klären. Ballack dürfte sich seine Pause nach der WM ganz anders vorgestellt haben.
Um das Nervenkostüm der Argentinier scheint es vor dem Viertelfinal-Kracher gegen Deutschland alles andere als gut bestellt zu sein. Beim heutigen Training der Nationalmannschaft schlich sich der argentinische Comedian Campi alias Martin Campilongo ein. Im Mario-Kempes-Trikot gab er lautstark den "Matador Humoristico", störte die Übungseinheit mit lauten Zwischenrufen. Zumindest eines war dem Spaßvogel damit gelungen, nämlich Jürgen Klinsmann auf die Nerven zu gehen. Der ließ daraufhin erst den Störenfried und gleich danach die versammelte Journalistenschar vom Trainingsgelände werfen. Womöglich aber nur deshalb, weil der Bundestrainer Campis über den Platz gebrülltes Spanisch nicht verstanden hatte. Der Witzbold hat ihn nämlich geradezu inbrünstig um Hilfe angefleht. In Deutsch: "Klinsi, Klinsi, hilf uns! Lass uns gewinnen. Lass deine Jungs nicht gut gegen uns spielen. Wir müssen am Freitag siegen. Wenn wir das nicht schaffen, bekomme ich auch noch einen Riesenärger mit meiner Frau. Die weiß, dass ich hier bin." Sie arbeiten mit allen Tricks, diese Gauchos. Aber es wird ihnen nichts nützen. Wichtig ist aufm Platz, nicht auf der Tribüne des Trainingsgeländes. Hasta la vista, Baby.
„Ich bin weniger durch meine Erfolge der geworden, der ich heute bin, als vielmehr durch mein häufiges Scheitern.“
Wer hat’s gesagt?
Reinhold Messner (Foto rechts). Was der mit der WM und der deutschen Nationalelf zu tun hat? Nun, er ist offenbar das – optische - Vorbild von Christoph Metzelder.
Das meint zumindest Torsten Frings am Dienstagmittag: „Metze sieht bald aus wie Reinhold Messner.“ Gemeint ist der Zweieinhalb-Tage-Bart des Dortmunders.
Metzelder (Foto links) will sich bis zum Ausscheiden der deutschen Mannschaft nicht mehr rasieren.
Recht hat er. Ich glaube, angesichts der Leistungen unseres Teams ist der Zeitpunkt für große Gesten gekommen! Für jeden von uns. Und darum sage ich: Auch ich will erst wieder am Morgen nach dem WM-Aus der deutschen Elf zum Rasierer greifen. Frei nach der Messner-Philosophie wäre dann ja das Scheitern auch ein Erfolg...
Sehr vorbildlich, Kollege Göllner!
Und weil wir nur gemeinsam stark sind, habe auch ich heute den eigentlich fälligen dritten Tag den Rasierer unangerührt in der Ecke liegen lassen. Also, rasierfreie Phase bis zum Samstag. Ööh, ich meine natürlich bis zum Mittwoch. Halt! Bis zum 10. Juli wachsen lassen? Na das kann ja ein Gejucke werden...
Stefan am 28.06.06 12:57
Zehn Euro kosten die Schals, Sonnenhüte und Mützen - jeweils in Landesfarben - die Helmut Zoz (28) an seinem Stand anbietet. Schweißbänder gibt es bereits für sechs Euro. Als fliegender Händler bietet Zoz seine Waren jeweils an den WM-Spielorten an, in Stadionnähe, aber, dank zweier Kollegen auch zeitgleich in den Innenstädten.
"Australien, Brasilien und Deutschland laufen eigentlich immer. Und England", so Zoz, der diese Tätigkeit als Reisegewerbe angemeldet hat. "In Köln läuft's am besten, weil es gute Standorte gibt", fährt er fort, "nach dem Spiel kaufen aber nur noch die Gewinner."
Als Reisegewerbetreibender darf er nicht auf öffentlichen Plätzen verkaufen, heute steht er deshalb auf dem Gelände einer Sparkasse, vis-à-vis einer Kneipe voller Fans und direkt am Weg zum Stadion. Und die Menschen kaufen. Schnell noch 'nen Schweiz-Hut oder den Ukraine-Schal. Auch Fahnen werden gern genommen, die Stocklänge darf jedoch lauf FIFA eine Länge von 1,50 Metern nicht überschreiten. Tut sie auch nicht.
Helmut Zoz ist gelassen, die vier Wochen lohnen sich, auch wenn er morgen schon wieder ein paar hundert Kilometer weiter seinen Stand aufbauen muss. Nur an Spielorten oder dort, wo es große Fan-Meilen gibt, lohnt sich der Verkauf.
Ich habe gestern Abend mit Urs Meier gelitten. Die Enttäuschung nach der 0:3-Niederlage der schweizer Mannschaft gegen die Ukraine war ihm deutlich anzusehen. Ich hätte den Schweizern, die in diesem Turnier bis dahin ohne Gegentor waren, den Sieg von Herzen gegönnt.
Christian (32, rechts) aus Reutlingen und Olli (33) aus Metzingen sind im WM-Wahn. Sie haben eine Ticket-Team-Serie für die Ukraine, das heißt, sie verfolgen das Team aus Osteuropa für insgesamt sechs Spiele. Zunächst in der Vorrunde, nun in Köln gegen die Schweiz und weiter nach Hamburg gegen Italien.
Doch dann ist noch nicht Schluss, bis zum Halbfinale reicht die Ticket-Serie. Schlägt Italien die Ukraine sind die beiden beim Halbfinale der Azzuri gegen Deutschland oder Argentinien in Hamburg dabei. Alle sechs Spiele für 670 Euro. Ein Schnäppchen, wenn man bedenkt, dass andere diesen Betrag für ein einzelnes Spiel ausgeben (auf dem Schwarzmarkt versteht sich).
"Man beginnt, sich langsam mit dem Team zu freuen", sagt Christian, "eigentlich könnte es uns ja egal sein, die Spiele sehen wir so oder so, egal ob die Ukraine drin bleibt." Ausgestattet mit Trikot und farblich passender Perücke feiern die beiden den Sieg von Shevchenko und Co.
Währenddessen entrollen ein paar Schweizer am Nebentisch ein Banner und beantragen Asyl.
Die Kollegen haben sich ja schon ausführlich über die kritikwürdigen Spiele gestern ausgelassen, also schweige ich dazu.
Habe ohnehin viel bessere Neuigkeiten: das erste Weltmeister-Baby in meinem Freundeskreis ist seit gestern auf der Welt. Früher oder später musste es ja kommen... letztlich war es später, knapp zwei Wochen nach Termin. Tolle Leistung, Steffi! Alles Gute auch an Papa Robert und den Sprößling.
Es gibt eben doch noch wichtigere Dinge als Fußball.
Ich muss noch mal kurz auf mein Album mit den Fußballbildern zurückkommen. Das ist ja gähnend leer, weil ich keine Tütchen kaufe und auf milde Dreifach-Doppelte-Spenden angewiesen sind. Aber die Kollegen lassen mich hängen. Also, ich lasse mich davon nicht frusten. Ich sehe es mit Malibu-Optmismus. So hat Bundesliga-Trainer Hans Meyer mal die Äußerungen des kalifornischen Bundestrainers genannt. Nachdem ich also 198 Interviews und Pressekonferenzen mit Jürgen Klinsmann gesehen habe, möchte ich folgendes Statement über mein deprimierend leeres WM-Album abgeben:
„Es macht unglaubliche Freude, dieses Album wachsen zu sehen. Das erfüllt mich mit Stolz und Freude, wie jeden Tag ein Bildchen dazu kommt. Auch wenn andere Alben scheinbar voll sind, wir glauben an uns. Es ist außerordentlich wichtig, dass wir jedem einzelnen Tütchen und Bildchen die besondere Wertschätzung zukommen lassen. Ich denke da gerade an die Doppelten und Dreifachen. Wir haben zwei Monate hart gearbeitet, um dieses Album so weit zu füllen. Und unser Hunger wird immer größer. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir am Ende das Heft noch voll bekommen.“
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ja genau, und "es ist wunderbar, dieses Album hat einen Lauf, es will etwas bewegen, etwas reissen. Es kann einfach begeistern, und so wird es am Schluss (d.h. im Finale) auch voll sein!"
Matthy aus Irland am 27.06.06 11:50
Groß, ganz groß. Selten so gelacht. Danke Sebastian.
Olli am 27.06.06 11:52
Als nach diesem gräuslichen 0:0, nach den kaum enden wollenden 120 Minuten Schweiz - Ukraine auch noch die die ersten drei Schützen beim Elfmeterschießen nicht treffen, denke ich: Eigentlich ganz korrekt. Diese Partie hat eigentlich gar keinen Sieger verdient.
Auch wenn ich jetzt undankbar klinge, aber dieses Spiel hätte ich mir wirklich lieber zuhause vorm Fernseher angeguckt - und spätestens nach der ersten Halbzeit umgeschaltet.
Die Höhepunkte sind schnell aufgelistet und spielten sich nicht auf dem Rasen ab: Mehrere La Olas in der ersten und zweiten Halbzeit, Holländer-Häme im großen Zuschauerchor ("Ohne Holland, fahr`n wir nach Berlin...), Zuschauergemecker drei Reihen hinter mir auf hohem Niveau ("Rumpelfußball", "Das ist doch Rumpelfußball", "Was für ein Rumpelfußball", u.ä.) sowie gegen Ende der zweiten Halbzeit musikalische Ironie gegen das Elend auf dem Rasen: Ein Großteil der Nordtribüne stimmt lachend "Oh, wie ist das schön" an. Mein persönliches Highlight ist allerdings der Spruch eines Kölner Dauerkarteninhabers: "Die spielen ja schlimmer als der FC." Recht hat er.
Gut, immerhin kann ich mich jetzt damit brüsten, beim trotz Elfmeterschießen langweiligsten Spiel der Fußball-WM 2006 dabei gewesen zu sein.
PS: Eigentlich hatte ich mich schon auf einen Sieg der Schweizer gefreut, wollte nachher ebenso unverständliches wie fröhlich klingendes Schwyzerdütsch der Fans aufnehmen. Naja, zumindest das mit dem Unverständlichen hat geklappt:
Falsch, Donke, falsch. Es war definitiv nicht das langeweiligste Spiel (das war England-Ecuador).
Zwei Mal Alu, 3-4 Fasttreffer durch Fernschüsse, jede Menge Zweikämpfe (viele fair, einige unschön). Es hat schon schlimmere 0:0 gegeben. Sorry, aber Deine Einschätzung teile ich überhaupt nicht.
Olli am 27.06.06 11:56
Hi Olli,
zwei Mal Alu entschädigt aber leider nicht einen 120 Minuten währenden Nichtangriffspakt beider Teams. Da halte ich es doch lieber mit unserem sport.ard.de-Kollegen Hornung: "Es war ein armseliges Fußballspiel"
(http://sport.ard.de/wm2006/wm/news200606/26/spielbericht_schweiz_ukraine.jhtml)
Stefan am 27.06.06 12:46
Ja, Stefan, du hast Recht, vor dem Fernseher zu Hause war's erträglich. Bin Mitte der zweiten Halbzeit eingestiegen, habe zu den Tagestehmen umgeschaltet, war pünktlich zum Ende der regulären Spielzeit wieder dabei. Dann bin ich während der Verlängerung sanft eingeratzt und zum langweiligsten "Elfmeterkrimi" aller Zeiten wieder aufgewacht. Schade eigentlich, hätte so schön weiterschlafen können.
Sabine am 27.06.06 17:12
Da sag ich nur Anti-Fußballfans. Währen eines Spiels umzuschalten. Tz, tz, tz...
Olli am 27.06.06 22:21
Aber es gibt ja noch so viele Spiele. Huch. So viele sind's ja gar nicht mehr.
Olli am 27.06.06 22:22
Stefan: Nichtangriffspakt? Hast Du das selbe Spiel gesehen?
Olli am 27.06.06 22:25
Ne, Olli, ganz im Gegenteil: Kein Anti-Fußball-Fan, sondern eine, die den Fußball mag und sich die Freude daran nicht durch ein käsiges Spiel dauerhaft vermiesen lassen will. Gebe aber gerne zu, dass ich nicht von der Hardcore-Sucht-Fraktion bin, die sich alles, aber auch wirklich alles antut, was auf dem Fifa-WM-Rasen (TM) passiert. Ein bisschen Auswahl ist ganz gut.
Sabine am 28.06.06 11:33
du überschrift hättest du dir sparen können - vor allem als bielefeld fan sollte man nicht so überheblich sein
uwe am 28.06.06 13:03
Hi Uwe,
wenn Du genau hinguckst, entdeckst Du Anführungszeichen, mein Lieber. Ein untrügliches Indiz dafür, dass es nicht meine Meinung, sondern lediglich die Wiedergabe eines Zitats ist. Denn solch ein Vergleich käme MIR doch NIE über die Lippen. ;-)
Stefan am 28.06.06 13:15
Nachtrag zum Sonntagabend, als Portugal mit 7: 5 (nach Karten) gegen Holland gewinnt:
Dieses Spiel werde ich nicht nur wegen der Kartenflut in Erinnerung behalten. Erst sorgte in Neuhausen o.E. ein nur wenige Minuten dauerndes, aber orkanartiges Unwetter für den Totalausfall der gigantischen Großbildleinwand: Schwarz statt oranje genau dort, wo am Tag zuvor noch zigtausende Deutschlandfans auf dem Southsidefestival gejubelt hatten. Dann, am zweiten Übertragungsort auf dem riesigen Gelände, empfängt mich ein intakter, aber ebenso schwarzer Bildschirm: Auch das digitale Antennenfernsehen ist offensichtlich wetterempfindlich. Ein Senderausfall in der (nahen) Schweiz sorgt jedenfalls für Achselzucken beim hilflosen Techniker.
Weiter geht`s also, quer über das riesige Gelände, ins Pressezelt. Dort, so erinnere ich mich, habe ich am Vortag einen Fernseher stehen gesehen. Ich habe Glück. Hier hat der Sturm zwar die Satellitenschüssel vom Dach gepustet, aber eine nette Mitarbeiterin erbarmt sich meiner und holt eine kleine Zimmerantenne aus ihrem Auto (was die Leute so alles dabei haben...). Und endlich: Passend zur gelb-roten Karte gegen Boulahrouz, die im Schnee-Gegrisel auf dem kleinen Bildschirm allerdings nur schwer zu erkennen ist, sehe ich das Spiel - naja, zumindest für fünf Minuten. "Alles raus! Sofort! Das Zelt muss evakuiert werden". Einsturzgefahr droht und plötzlich ist im Pressezelt mindestens genau so viel Hektik wie auf dem Nürnberger Rasen. Und schon wieder steh ich ratlos da: Körperlich zwar unversehrt, aber fußballlos.
In meine Frustration hinein platzt eine SMS meiner Freunde: "Sind im Partyzelt, gucken Fußball." Alles wird gut, denke ich und hetze erneut über das Gelände. Und tatsächlich, als ich ankomme ist die Stimmung gut, die Leinwand groß und irgendein Holländer bekommt schon wieder eine Karte. Doch zwei Minuten später verstellt sich die Satellitenschüssel durch ein erneutes Unwetter. Diesmal ist es mein endgültiger Spielabbruch, in der 77. Minute gebe ich auf.
"Einen Elfmeter zu halten, ist zu 90 Prozent Glückssache und zu zehn Prozent hängt es vom fehlenden Talent des Torschützen ab, das ist alles", sagt Frankreichs Nationaltorwart Fabien Barthez. Will heißen: Mit seiner Reaktion allein kann ein Torhüter wenig ausrichten. Rechnerisch betrachtet hat der Torwart nämlich überhaupt keine Chance.
Mit Geschwindigkeiten zwischen 20 und 40 Metern pro Sekunde rauscht der Ball auf den Torwart zu. Gehen wir einfach mal davon aus, dass dem Torwart 0,25 Sekunden Reaktionszeit bleiben, bis ihn das Leder erreicht. Das Leder, dass ja auch nicht direkt zum Torwart fliegt, sondern irgendwo in den 7,32 Meter breiten und 2,44 Meter hohen Kasten. Wirft man das alles in den Zahlenmixer, müsste ein Torwart mit rund 35 Stundenkilometern Richtung Toreck springen. Zum Vergleich: So schnell läuft in etwa ein 100-Meter-Sprinter. Für einen Torwart - der zudem aus dem Stand abspringt - eine unerreichbare Marke.
Warum der Ukrainer Oleksandr Shovkovskiy dann aber gleich zwei Mal gehalten hat, wo das doch theoretisch gar nicht geht? Springt der Torwart einfach gut Glück in eine Ecke, ohne den Schuss abzuwarten, muss er "nur" noch mit rund 17 Stundenkilometern abtauchen - durchaus ein realisitischer Wert. Und irgendwie kommt dann eben wieder diese "Glückssache" der Eckenwahl ins Spiel, von der Fabien Barthez spricht. Viel Glück für die Ukraine - und ganz wenig für die Schweiz.
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