Alle Augenpaare verfolgen gebannt das Geschehen auf der Leinwand. Bis auf eines, und das gehört Sonic. Sein einziges Interesse gilt den Bockwürstchen, die abseits der Projektionsfläche auf ihr Ende im Hot Dog-Brötchen warten.
Domke, Du heißer Hund, Du.
Olli am 15.06.06 13:54
Olli - fishing for compliments oder was?
Marion am 15.06.06 15:15
Das Wort Sonic© (wie in FIFA Sonic 2006©) darf von Dir nicht benutzt werden.
Die Tantiemen werden in Kürze Deinem Bierkonto belastet.
woodzz am 16.06.06 21:58
Puh, das war spannend. Von der ersten bis zur letzten Minute - der Verlängerung. Deutschland - Polen habe ich gerade mit meiner Frau und meinen Sohn zuhause vor dem Fernseher gesehen. Ganz ruhig und ganz familiär. Ganz ehrlich: Das Spiel hat mich nicht vom Hocker gehauen - abgesehen eben von der ersten Minute der Verlängerung. Zwischendurch gab es immer wieder genug Chancen, den Wasser-Sprenger im Garten umzustellen.
Ok, vielleicht ist es meine persönliche Einstellung. Meine Kollegen in der Redaktion verschicken im Eil-SMS-Dienst gerade die Meldung:
"Joker-Glück: Nach langem Mühen schießt Oliver Neuville das DFB-Team in der Nachspielzeit zum hochverdienten 1:0-Sieg gegen Polen."
Bis auf das Wort "hochverdient" bin ich einverstanden. "Joker-Glück" gefällt mir besonders.
Wieso nicht hochverdient? Ich moechte dem polnischen Team durchaus ihre kaempferische Leistung nicht absprechen, aber vergleicht man alleine schon die Fakten des Spiels erkennt man (nicht nur) anhand der Torschuesse wie ueberlegen Deutschland wirklich war. Speziell in der 2ten Halbzeit ist Polen kaum noch aus ihrer eigenen Haelfte gekommen, und die Deutschen hatten Chancen (wenn auch nicht immer schoen herausgespielt) im 5 Minuten Takt. Meiner Meinung nach haben ihre Kollegen daher durchaus das richtige Wort gewaehlt ;-)
Ansonsten Danke fuer den Blog, ist sehr unterhaltsam!
Peter Adams am 15.06.06 01:22
Buuuuh! Also das war doch wirklich ein schoenes und energiereiches Spielchen, allein schon der Einsatzwille liess sich nett ansehen! Braucht man denn immer Tore um ein Spiel zu moegen?
Christian am 15.06.06 09:45
Erinnern Sie Sich? Zum Blogbeginn hatte ich noch gehofft, vielleicht etwas über Torhüter schreiben zu können. Helden. Und Fast-Helden. Irgendwie ist es jetzt soweit. Artur Boruc, Schlussmann in der polnischen Nationalmannschaft.
Während des Spiels gegen die Klinsmann-Kicker avancierte der nämlich zum besten Mann auf dem Platz. Ein Freund neben mir, sonst nur teilweise fußballinteressiert fragte eher beiläufig: "Sag' mal: Es steht doch überall, dass die Polen ein Torwartproblem haben?" Haben sie wohl definitiv nicht. Boruc hielt. Perfekt. Souverän. Elegant. Und wohl kaum einer - vor allem in Polen - dachte da noch an Jerzy Dudek, den Ausgebooteten, den Vorgänger, der nicht einmal zur WM nominiert war. Dann kam die 91. Minute.
Ein anderer Held war plötzlich da. Oliver Neuville. Seines Zeichens Joker, also nur Gelegenheitsheld. Der traf, Boruc war schuldlos. Aber Neuville verdammte den Fast-schon-Helden-des-Abends dann doch nur zu einem guten Schlussmann, Heldenstatus passé. Das ist die Tragik, wenn Du ganz allein da hinten in dem Kasten stehst. Nach 90 Minuten (und ein paar Zugabesekunden) zählt dann doch nur das nüchterne Ergebnis. In Polen wird man über Vieles reden nach diesem Spiel. Über einen neuen Nationaltrainer. Über einen Umbruch in der Mannschaft (die allerdings ein aufopferungsvolles Spiel gezeigt hat). Und wahrscheinlich auch wieder über Torhüter. Obwohl Boruc über 90 Minuten der stärkste Mann auf dem Dortmunder Rasen war.
Ich weiß nicht, was alle an diesem Torwart und seiner Leistung gegen Deutschlang finden. In den Szenen, in denen er geprüft wurde, hielt er den Ball, wurde aber mehrmals "angeschossen". Ich war selbst lange Jahre Torwart und bin der Meinung, dass er diese Bälle halten musste. Sah zwar spektakulär aus, war aber nicht wirklich schwierig. Und irgendwie hat Ihm auch keiner gesagt, dass Polen hätte gewinnen oder unentschieden spielen müssen um noch eine Chance zu haben und das erreicht man nicht indem man bei jeder Ballberührung unfair das Spiel verzögert.
Blaufuchs am 15.06.06 01:06
Selten so einen Quatsch gelesen, Alle Schüße der Deutschen (den letztemn mal ausgenommen) gingen voll auf den Mann. Da hätte nicht mal ein Drittliga-Torwart ein Problem gehabt.
soeinerhalt am 15.06.06 01:51
Jedes Großereignis gebiert Meldungen, die im 'normalen' Redaktionsalltag sofort im Papierkorb landen würden. Diese hier zum Beispiel: Der Europäische Tier- und Naturschutz (ETN) fordert die Fußballfans auf, während der WM auf die Bemalung ihrer Haustiere zu verzichten. Gerade in Holland sei es Tradition, Hunde und andere Tiere orange einzufärben. Das Ganze sei Tierquälerei, heißt es weiter.
Beim Gedanken an orangefarbene Dackel und Pudel muss ich auch weinen ... vor lachen. Außerdem, ihr lieben ETN'ler, haben solchen Meldungen oft genau den gegenteiligen Effekt: Sie regen zur Nachahmung an! Ein kurzer Griff in den heimischen Nagerkäfig, die übrig gebliebenen Haarspraydosen von Fastnacht rausgekramt .... und fertig ist das WM-Meerschwein. Das schenke ich Miro Klose, wenn er heute Abend trifft und mal wieder in der Pfalz vorbeischaut.
Deutsche und polnische Fans im Zustand erhöhter Lebensfreude: Chorale Gesänge werden von norddeutschen (Husum) und polnischen Fans (Warschau) in der Dortmunder City gemeinsam angestimmt. Den selbstgebastelten WM-Pokal rückt das deutsche Lager aber dann doch nicht heraus - trotz flehentlicher Bitten der Polen. Egalski und tief Luft geholt, der nächste Schlachtgesang ist fällig. Überhaupt sind mir die polnischen Anhänger bislang nur als Sängerknaben und nicht als Rabauken aufgefallen. Das ist umso bemerkenswerter, da den Polen die Worte fehlen dürften eingedenk der Meldungen über die Verfassung ihres Teams. Die nämlich geben überhaupt keinen Anlass für Lobpreisungen. Humor ist, wenn man sinkt und trotzdem singt.
Ein letzter Nachtrag zum gestrigen Tag: Nachdem ich den Verzehr der unleckersten Rievkooche, die ich jemals gegessen habe, ohne gesundheitliche Schäden überstanden habe, will ich noch ein kurzes Fazit des gestrigen Abends beim Public Viewing auf dem Kölner Heumarkt nachschieben: Auch wenn die Größe und Darstellungsqualität der Riesenleinwand (40 Quadratmeter 60 Quadratmeter sinds sogar, sagt Kollege Peter und die Stadt Köln) auch aus der letzten Reihe nichts zu wünschen übrig ließ: Die Stimmung war, abgesehen von den ersten Reihen vor der Bühne mit rund 50 Jubel-Brasilianern, eher mau. Statt Samba-Rhythmen, kaffeebrauner Haut und brasilianischem Getrommel dominierten vorne in der Menge vor allem kroatische Jugendliche das Bild, deren Enttäuschung am Ende des Spiels sogar in Aggressivität umschlug. Und hinten, wo ich stand, war man weniger mit dem Spiel als vielmehr mit Gott und der Welt sowie den mal wieder unsäglichen Kommentatorensprüchen beschäftigt. Das nächste Match dann doch lieber wieder im kleinen Kreis bei uns im Hinterhof.
P.S.: "Order three, give it to me, Order three, give it to me" lautete auf dem Heumarkt die lautmalerische Absprache zwischen mehreren Englandfans. Hintergrund: WM-Bürokraten glauben, der Alkoholkonsum lasse sich dadurch einschränken, dass pro Fan nur noch drei Bier auf einmal ausgegeben werden.
Domke, der Master-Blogger. Keep it up...
Olli am 14.06.06 19:05
Während ich gestern Abend am Kölner Heumarkt auf der Suche nach Brasilianerinnen war (für schöne Fotos), zuppelte mich ein japanischer Fan am Arm und bat darum, seine Meinung zum Spiel Japan - Australien im Bild festzuhalten:
Find ich fast besser als aufgetakelte Brasilianerinnen. :-)
Stefan am 14.06.06 16:15
Möglicherweise hat das Ergebnis (1:3) dem Sohn Nippons das Leben gerettet. Denn er und seine Landsleute feiern Siege doch traditionell so gern mit Brückensprüngen.
Frank Menke am 14.06.06 16:28
Die WM bietet eine gute Gelegenheit, die eigenen Fremdsprachenkenntnisse zu erweitern. Für heute Abend eignet sich ein kleiner Sprachkurs mit polnischen Fußball-Vokabeln.
Ich komme aus Polen und studiere Germanistik und wohne in Warschau. Deutsche Sprache ist mein groessten Hobby. Ich liebe Deutschland wie fast meine zweite Heimat, obwohl niemand aus meiner Familie hier geboren ist. Und es ist fuer mich sehr traurig, wenn ich hoere: "das habt ihr von uns geklaut". Uebertreiben Sie ein bisschen nicht? Warum hoert man bei ZDF Witze ueber Polen und in Ihrem "Sprachkurs", dass die Polen "partacze" also Versager sind?!?Es heisst "Die Welt zu Gast bei Freunden", oder..?
Herzliche (und wirklich ehrliche) Gruesse Polen
Krzysztof Kucharski am 15.06.06 10:29
So, liebe Hobby-Gärtner, jetzt muss ich aber mal einen Rasen-Tipp loswerden. Wie kommen in den WM-Stadien die hellen und dunklen Streifen auf den WM-Rasen? Ich weiß es. Mathias Eichner, der Platzwart aus dem Leipziger Zentralstadion, verrät uns das Geheimnis .
is ja mal interessant. wann wird der Rasen als Werbefläche verkauft?
Stefan am 14.06.06 17:09
Podolski dribbelt trotz Bierbauch zwei Brasilianer aus, der komplette Sturm spielt barfuß. Ein schöner Pass auf Adriano, der zieht im Dunkeln ab und trifft - zwar nicht das Tor, dafür aber den dahinter stehenden Polizeiwagen. Eine sichtlich gernervte Beamtin steigt aus - Spielabbruch droht. Meine Vermittlungsversuche scheitern: "Was wollen Sie denn, halten Sie sich da raus", werde ich angeraunzt. Ihr Vorschlag an das multinationale Team, "spielen sie doch quer statt längs auf dem Rasen", zeugt von ausgesprochen wenig Verständnis für diese Sportart. Beim Querspielen würde der Ball in kürzester Zeit im zehn Meter entfernten Rhein landen. Wenig später sorgt dann das Schichtende der Beamtin für eine Deeskalation der Lage. Dann ein Gegenangriff auf das andere Tor. Und schon wieder vorbei, schon wieder ein Problem: Der Ball kann erst kurz vor den Behältern mit Erdbeer, Banane und Straciatella in einer Eisdiele gestoppt werden.
"Wir spielen besser als die Brasilianer", ruft mir Murat zu, bevor er seinen aus England angereisten Mitspieler mit einem "Go ahead" in den freien Raum schickt. Zumindest heute Abend muss ich dem jungen Türken aus Köln-Porz Recht geben.
Klasse beschrieben, habe sehr geschmunzelt :) Danke und Gruss, T.
Thomas am 15.06.06 21:41
Mein Leben dreht sich nur noch um Fußball. Ich hätte nie gedacht, dass ich das jemals sagen würde... Die Frage "Was machst du heute abend?" stellt sich nicht mehr - entscheidend ist nur noch das "Wo?" Grade in Berlin mit gefühlten tausend Public-Viewing-Plätzen keine leichte Entscheidung.
Das innere Faultier plädiert meist auf die Fanmeile, weil es so schön nah an zu Hause ist und man bequem zu Fuß ins Bett kommt, selbst wenn nachts kein Bus mehr fährt. Außerdem ist es im Tiergarten ja doch irgendwie auch ganz schön an warmen Sommerabenden. Und die "Meile" (Wie lang ist die Strecke zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule eigentlich genau?) ist einer der wenigen Orte, an dem man mitgebrachte Wasserflaschen nicht abgeben muss.
Seit WM-Start habe ich so nämlich täglich mindestens zwei frisch-gekaufte Flaschen verloren - auf Dauer nicht nur wegen der Getränke ärgerlich, sondern auch wegen des Flaschen-Pfands. Damit verdienen sich andere Leute eine goldene Nase, die ganz clever mit Müllsäckenen direkt neben den Kontrollpunkten warten und sich durch die Absperrungen hinweg die Plastikflaschen angeln.
Noch mehr positive Fanmeilen-Aspekte des gestrigen Abends: Verbrüderungs- und Verschwesterungsszenen überall. Der absolute Trend: so viele Fotos wie möglich sammeln, auf denen mann/frau sich mit Menschen anderer Nationalität ablichten lässt, zum Beispiel:
mein Tipp gegen das Verdursten: Wassermelonen! die werden einem nicht abgenommen. Und bei langweiligen Spielen kann man damit selbst ein wenig kicken. ;-)
Stefan am 14.06.06 16:25
Die Welt zu Gast bei Freunden. Die Welt zu Gast bei Grabschern? Obwohl bisher alles friedlich geblieben ist, wartet die Münchner Polizei immer wieder mit der einen oder anderen Anekdote auf. Tatort Olympiagelände. Ein italienischer Journalist und ein Kameramann interviewten dort die Besucher. Mit Mikrofon, Kamera - und intensivem Körpereinsatz: Bei einem Gespräch fasste einer der beiden einer Frau an Busen und Po.
Beamte der Münchner Polizei, die zufällig vorbeikamen, unterbanden das muntere Treiben. Bei der Auswertung des Filmmaterials stellten sie fest: Gleich acht Mal waren der Reporter und sein Kameramann handgreiflich geworden. Die belästigte Dame stellte Strafantrag, die beiden Italiener - kurzzeitig in Sicherheitsgewahrsam - sind gegen eine Kaution von je 500 Euro wieder unterwegs. Nur das Filmmaterial blieb bei der Polizei.
Ich bin nun auf dem Weg nach Dortmund, und freue mich schon auf ein Treffen mit dem Kollegen Menke. Dann werde ich auch das von ihm beschriebenen Fassaden-Transparent begutachten und hoffentlich, denn darum geht es ja eigentlich, ein tolles Fußballspiel zu sehen bekommen.
Hier noch ein "Schnappschuss" von gestern:
Es war ein schöner Abend. Ich bin beruhigt, dass Brasilien nicht Weltmeister wird. Damit sollte die deutsche Mannschaft doch gute Chancen auf den Titel haben. Oder hätte ich vor dieser Aussage besser das Spiel gegen Polen abwarten sollen?
Es gibt sie also doch, die Alternative zum Fußball. Im Kölner Stadtteil Ehrenfeld fand gestern ein Konzert der Kanadischen Rockband Billy Talent statt. Zeitgleich zum Brasilienspiel rockte die Live Music Hall. Bei gefühlten 80 Grad tropfte der Schweiß aus allen Poren und das Kondenswasser von der Decke. Na lecker.
Kein Wunder, dass es die Konzerbesucher zwischendurch vereinzelt und nach dem Auftriff der Band in Scharen aus der aufgeheizten Halle trieb. Nebenan, im Underground lief noch die Netzer-Delling-Analyse auf Großbildleinwand. Ganz fußballfrei ist also auch die Neo-Grunge- und Post-Punk-Szene nicht.
Mal kurz innehalten, die Augen schließen und einen klaren Gedanken fassen! Die ersten vier WM-Tage sind nur so an uns vorbeigerauscht. Bis auf vier Teams haben alle Mannschaften gespielt. Aber was haben wir eigentlich gesehen?
Guten Fußball? Na ja. Rein sportlich hat eigentlich nur Argentinien gegen Elfenbeinküste überzeugt. Dann waren da noch die letzten zehn Minuten der Australier, die Traumtore von Philipp Lahm und Torsten Frings im Eröffnungsspiel und die Paraden von meinem neuen Lieblingsspieler aus Trinidad & Tobago, Shaka Hislop. Aber sonst?
Die Fans feiern doch in erster Linie sich selbst. Die (oft selbst ernannten) Fußballexperten, von denen es in diesen Tagen scheinbar mehr gibt als Spieler, versteigen sich bei den Spielen trotzdem in Superlative. Der Pass „bezaubernd“, die Ballbehandlung „traumhaft“, das Tor von Kaka ein „Geniestreich“.
Sorry! Brasiliens 1:0 war ein stinknormaler Schuss mit der linken Innenseite. Nichts Besonderes! Das muss man einfach mal sagen dürfen!
„Weltklasse“, um das Vokabular der Experten ein letztes Mal zu strapazieren, ist derzeit nur die Stimmung in Deutschland. Aber ob das wirklich so viel mit dem Fußball zu tun hat?
Da hat er recht! Ich bin sogar zwischen Couch, Bier, Chips und Fernsehr eingeschlafen - so lahm war das Spiel!
Stefan am 14.06.06 16:47
Vollkommene Zustimmung meinerseits. Ueber den Begriff "Geniestreich" hatte ich mich auch schon sehr gewundert..
Peter Adams am 15.06.06 01:27
Dortmund ist Fußball-Mekka und mithin buchstäblich balla balla. Das wird all jenen Fußballfans sofort ins Auge stechen, die heute mit dem Zug zum Polen-Spiel anreisen. Begrüßt werden sie vis-a-vis des Hauptbahnhofs mit einem Fassaden-Transparent von gigantomanischen Ausmaßen: geschätzte 100 Meter lang und 25 Meter hoch. Nur für eingefleischte Schalke-Anhänger ist vielleicht etwas zu viel Schwarz-Gelb im Spiel. Aber heute sind wir alle Deutschland. Oder etwa nicht?
Leider muss ich die allgemeine WM-Euphorie mal kurz unterbrechen und über ein ernstes Thema sprechen. Übergewicht. Weil der Winter in diesem Jahr vier Wochen länger dauerte, sagte letzte Woche ein Freund, habe er noch fünf Kilo zu viel. Winterspeck.
Nun, damit kann sich der Sportskamerad Ronaldo nicht herausreden. Er lebt in Madrid, wo die Winter mild sind. Oft genug zum Sport kommt er eigentlich auch. Und doch wiegt er 82 Kilo (Quelle: FIFA) oder vielleicht doch ein bisschen mehr. Der Vorher-Nachher-Vergleich zwischen WM 1998 (Foto links) und WM 2006 (Foto rechts) belegt: Ronaldo wächst pro Jahr um rund 1500 Gramm. Jetzt machen sich alle über das brasilianische Dickerchen lustig. Ich aber habe meine persönliche Theorie zu den Moppelchen unter den internationalen Sportstars: In der Fülle schlummert Energie, vielleicht ja die Wut auf die eigenen Pfunde. Womit wir wieder bei Jan Ullrich wären.
Man erinnere sich an kleines dickes Müller...
Olli am 14.06.06 10:16
Ich finde jetzt sollte mal schluß sein,mit dem Moben auf Ronaldo.
Jeder ist wie er ist und damit hat es sich.
Er muß doch damit rumlaufen und der Trainer hat im halt aufgestellt.
Renate am 14.06.06 16:00
Auf Münchens Flaniermeile Nr. 1, der Leopoldstraße in Schwabing, dort wo sonst der FC Bayern Meisterschaften feiert und gelegentlich mal ein Stadionschriftzug auf dem LKW vorbeirollt, war es nach dem Spiel Brasilien-Kroatien fast wie immer während dieser WM. Ausgelassenes Feiern, tolle Stimmung, "es war ein friedliches und fröhliches Fest", wird man spät in der Nacht einen Polizeisprecher sagen hören. Allerdings: Das erste hupende Auto, das ich erspäht habe, war in kroatischen Farben beflaggt. Erst dann machten sich die Brasilianer auf, es den Fans des unterlegenen Teams gleichzutun.
Zwischen Münchener Freiheit und Siegestor, zwischen Englischem Garten und Universität hieß es dann aber Samba total. Die Fans der Seleçao, so schien es, wollten all das zeigen, was Ronaldo, Ronaldinho & Co. auf dem Platz komplett ausgeblendet hatten: Leidenschaft, Spaß und die Lust am Fußball. Und die übrigen Fans, die Kroaten, und alle anderen, die in den 90 Minuten zuvor ein Fußballfeuerwerk erwartet hatten, feierten gerne mit. Der erste WM-Auftritt des amtierenden Weltmeisters - auf dem Rasen ein Langweiler, in den Straßen ein Höhepunkt dieser WM.
Auch in Köln waren mehr kroatische als brasilianische Fahrzeuge nach dem Spiel hupend unterwegs. Oder haben die Brasilianer hier einfach nicht so viele Autos???
mecker am 14.06.06 10:08
Auch in Frankfurt waren die Kroaten in der Überzahl. Trotz der Niederlage war es friedlich. Einige hatten sowohl die kroatische als auch die brasilianische Flagge dabei. Prima Stimmung, aber kein Fanatismus - so kann's weitergehen!
mario am 14.06.06 15:56
Man stelle sich vor, in Rio würde es beim Karneval eine "Zuflussbegrenzung" geben. Die Copacabana würde in vier Zonen eingeteilt und auch, wenn noch reichlich Platz für weitere Zuschauer vorhanden wäre, dürften nur dann Feiernde nachrücken, wenn ebenso viele Personen das Areal verlassen. Nein, viel zu weit her geholt: Bleiben wir in Köln und stellen uns den Heumarkt an Rosenmontag vor.
Wer auf die Idee käme, den Platz nach dem 5.000. Besucher dicht zu machen, bekäme von den nachrückenden 15.000 Jecken vermutlich einiges zu hören. Doch bei der WM geht die Stadt Köln plötzlich auf Nummer sicher. Obwohl auf dem Heumarkt, der offiziellen Public-Viewing-Area, beim Spiel Brasilien gegen Kroatien selbst Flip-Flop-Träger keine Angst vor blauen Zehen haben müssen, ist bei rund 10.000 Füßen erstmal Sense. Die Folge: Auch nach Spielbeginn bilden sich immer wieder Schlangen vor den Eingängen. "Nur für jeden, der geht, darf einer rein" lautet die strikte Anweisung für die Sicherheitskräfte. "Sonst stürzt die Tiefgarage ein", so die ernst gemeinte Erklärung einer Ordnerin. Schade nur, dass so auch die Stimmung außen vor bleibt.
P.S: Die große Freude, dass es zur tendenziell gekochten "German Bratwurst", die einem in den WM-Stadien kredenzt wird, endlich mal eine vernünftige Alternative in Form des kölschen "Rievkooche" gibt, weicht schon nach dem ersten Bissen der angewiderten Ernüchterung. Und mit dem exorbitanten Fettgehalt dieser fiesen Kartoffelpuffer kämpfe ich noch jetzt, Stunden später.
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