Die WM ist gestartet, wie es sich wohl fast ganz Fußball-Deutschland gewünscht hat: Klinsis Kicker haben ihren Sieg und die Fans Gelegenheit zu Feiern. Was aber noch viel wichtiger ist: Fans aus aller Welt haben heute fast in Perfektion das Motto "Die Welt zu Gast bei Freunden" zelebriert, allein die Bilder der in München eintreffenden Fanmassen aller Couleur, fröhlich und einander umarmend, werden bei mir wohl lange im Gedächtnis bleiben. Umso erfreulicher: Polizei und Bundesinnenministerium haben in einer ersten Bestandsaufnahme am Auftakttag "keine nennenswerten Zwischenfälle" festgestellt.
Auf den Straßen wird es allmählich ruhig, die Nacht legt sich über die Stadt, und dennoch: Nicht nur in Münchens Kneipen wird heute Nacht wohl noch lange gefeiert, es bleibt zu hoffen, dass Fans aus Nah und Fern auch nach diversen alkoholischen Spezialitäten genauso friedlich miteinander feiern wie vor und während der Spiele am Eröffnungstag. In diesem Sinne: Gute Nacht Freunde!
Die Eröffnungsfeier war wirklich peinlich von vorgestern. Warum ist es nicht möglich ohne Lederhosen und Schuhplattler auszukommen ? Die waren schon 1972 und 1974 bei den entsprechenden Anlässen dabei. 1976 wurden sie noch nach Montreal für die Eröffnung eingeladen.
cyou am 10.06.06 00:48
naja, wenn die eröffnung in münchen ist, dann darf man sich nicht wundern. aus dem lederhosen-stadium kommen die nicht mehr raus...
meckertante am 13.06.06 10:15
Zumindest auf der Autobahn funktioniert die Abwehrarbeit der Nationalelf reibungslos. Bus und Begleittross werden von einer vorausfahrenden Streife und nach hinten von einer motorisierten Dreierkette gesichtert. Hinter dem letzten Fahrzeug des Organisationskomitees blockt ein Motorrad den nachfolgenden Verkehr ab. Die Überholspur wird von zwei Einsatzfahrzeugen dicht gemacht. Schade, dass dieses System nicht aufs Spielfeld übertragbar ist.
Komme grade vom Hauptmarkt, von dem Fan-Fest, Ihr wisst schon. War irgendwie ne eigenartige Stimmung: Ein bisschen "He!" und "Jo!" bei den deutschen Toren, aber sonst sahen die Leute ziemlich gelangweilt aus. So richtig gefeiert wurde eigentlich erst, als das Spiel schon vorbei war (siehe Bild). Schon komisch, die Franken. Bis die mal auf Touren kommen - heijajei. Aber ich bin ja auch einer, ein Franke - und ich befürchte, auch nicht viel anders.
Auf ging's zur WM Party auf dem FIFA Fan Fest am Freitag in München.Siegeshymnen bereits im Vorfeld in der U-Bahn,die ihren Höhepunkt in dem Refrain:He,Pippi Langstrumpf...fanden.
Noch in meiner Ente sitzend,hatte ich bereits die schlimmsten Befürchtungen: Kein Durchkommen zur WM Großleinwand;Park wegen Sonnenschein und Überfüllung geschlossen.Auch Bayern 3 hat noch bis kurz vor halb vier alle Hörer zu diesem Event eingeladen.Also kein U-Turn.
Ich in keiner Nationalkluft,noch hatte ich eine Nr.7 mit Schweini hinten drauf,kein noch schüchternes Fähnchen zierten meine Wangen.
Wie werde ich dort wohl empfangen?
Doch die Fans waren tolerant und haben mir in der Bahn sogar ein Bier angeboten.
Eingepfercht wie Schafe standen wir nun in der Münchens U-Bahn und erreichten schließlich schleppend unser Ziel;Einen hoffnunglos überfüllten U-Bahnhof.Dieser Zug wurde durch jede Haltestelle geschleust und am Ende dieser stickigen und schweißtreibenden Fahrt,wurden wir unverzüglich und eindeutig dazu angehalten,die nächste Bahn in die Innenstadt zurückzunehmen.Die Fun-Party ist geschlossen,da passt keiner mehr rein.Ich spürte die Enttäuschung und Wut,die ganz allmählich von meinem Körper Besitz nahm.Jetzt bewegte ich mich mit zügigen Schritten in Richtung Fun-Meile.
Ein charmanter Securitymann ließ mich durch die erste Absperrung durchschlüpfen.Dann war erst einmal Ende der Fahnenstange:Provisorische Absperrwände stellten sich mir in den Weg.Vor mir ein Pulk wütender Fans,die genau wie 1989 diese Wände dieser "Mauer" bestiegen, und weil es immer mehr wurden, letztendlich einrissen. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort...der Weg war für mich frei zu "Jetzt geht's los..."
Doch was mich dort erwartete,hatte meine kühnsten Vorahnungen übertroffen,es wurde nur gesoffen und nichts zu sehen,außer Werbung,die das Spektakel finanziert.Freier Eintritt für eine Horde wildgewordener Fans,die aus allen Bundesländern und Staaten nach München gereist sind.Dabei sein ist alles.Auf dem Weg ins Olympiazentrum hätten sie sicher einen anderen Empfang verdient,als eine Überbesetzung der Bayerischen Polizei.
Tickets für das Auftaktsspiel der Nationalelf,die das Olympiastadion sicher gefüllt hätten,Großleinwände nicht nur durch Werbung finanziert,wäre dem feierlichen Anlass entsprechen eher gerecht geworden.
So war's halt nur eine geile Party.
Lucy Tiger am 11.06.06 18:21
Alexandra Mitic und Florian Funfack aus München haben für mich einmal genau hingesehen. Wird bei der Einlasskontrolle auch wirklich ordentlich abgetastet, vielleicht sogar, wie angekündigt eine Ausweiskontrolle durchgeführt?
Alexandras Befürchtung, es könne zu wenig weibliche Kontrolleure geben und dadurch längere Wartezeiten für Frauen, hat sich nicht bestätigt, "alles ging Ruck Zuck", wenn keine Handtasche dabei war. "Wer eine Tasche hatte, musste die auch öffnen. Da wurde sogar in Brillenetuis nachgeschaut", erklärt mir Alexandra nach dem Spiel.
Ausweiskontrollen hat es anscheinend überhaupt nicht gegeben. "Keine einzige wo wir waren", weiß Alexandra zu berichten. Das heißt, zumindest theoretisch, ist die Personalisierung der Eintrittskarten beim Eröffnungsspiel nicht von Belang gewesen. Ungebetene Besucher, etwa polizeilich bekannte Hooligans, hätten also ungestört das Spiel sehen können, obwohl sie regulär kein Ticket hätten erwerben dürfen.
Mal sehen, wie die Einlasskontrolle bei den anderen Spielen gehandhabt wird. Danke an dieser Stelle an Alexandra und Florian für die Beobachtungen.
Also an unserem Eingang musste *jeder* Besucher seinen Ausweis und die Karte vorzeigen und beides wurde miteinander abgeglichen!
Christian Neef am 10.06.06 13:24
Das ist interessant, ich fand die Sicherheitskontrollen bisher eher lasch.
Olli am 12.06.06 22:10
Eigentlich war's ein Traumstart in unsere Heim-WM. Auftaktspiel gewonnen, tolle Stimmung auf den Rängen, eine heitere Eröffnungsshow, Kaiserwetter. Wenn doch nur unsere Defensive nicht wie schon so oft die Champagnerlaune trüben würde. Es könnte sein, dass uns unsere Abwehrprobleme während des gesamten Turniers zumindest Kopfzerbrechen, wenn nicht gar Kopfschmerzen bereiten werden. Aber man kann es natürlich auch positiv sehen: Spiele dieser deutschen Mannschaft haben einen hohen Unterhaltungswert - wenngleich zuweilen auf eigene Kosten.
Habe ich mir doch gedacht, dass Dir das gefällt.
Olli am 09.06.06 21:56
Nach dem Spiel meinte einer der Spieler in der Pressekonferenz dazu: "Soll ich mich jetzt etwa dafür entschuldigen, dass wir 4:2 gewonnen haben?"
Recht hat er!
Abadha aus der schönen WM-Stadt Frankfurt :-)
Jivan Abadha am 12.06.06 17:25
Es ist schließlich ein Heimspiel. Klar, dass die deutschen Fans in München tonangebend waren. Dennoch konnten die etwa 3.000 Fans von Costa Rica immer dann auftrumpfen, wenn die etwa 50.000 (bestimmt !) deutschen Anhänger Luft holen mussten. "Si se puede", schallte es da aus der östlichen Ecke des Münchner Stadions, "Ihr schafft das!"
Am Ende hat es dann doch nicht ganz gereicht - no se pudo, ihr könnt es nicht schaffen, zumindest nicht gegen diese deutschen Fans. "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin", braucht es mehr Motivation für Käpt'n Schneider und seine Jungs?
Here we are. A time to make friends, die Welt zu Gast bei Freunden. Über eines kann sich die deutsche Elf definitiv nicht beklagen: Die Fans liefern hier eine hervorragende Leistung. Den Kollegen Menke kann ich von meinem Platz leider nicht sehen, aber wie ich lese, hat er Spaß.
Ups, die Halbzeitpause ist schon rum. Weiter geht's. Ich meld' mich später noch Mal.
Ich stand vorhin an der Bushaltestelle und wartete sehnsüchtig auf meinen Linienbus ... Plötzlich rauschte der WM-Bus der englischen Mannschaft mit Polizeieskorte blitzschnell an mir vorbei. Ich konnte nur den Schriftzug "England" auf dem Bus erkennen und leider kein Foto machen.
Schade. Kopf hoch, nächstes Mal klappt's bestimmt.
Olli am 09.06.06 20:56
Keine Frage, die WM-Eröffnungsfeier hat Appetit auf mehr gemacht. Die Stimmung war genauso fröhlich und heiter wie bei den Olympischen Spielen 1972. Eben die Welt zu Gast bei Freunden. Und auch auf die Gefahr hin, dass mich jetzt viele für ein Weichei halten: Als unsere Weltmeister von 1954, '74 und '90 einzogen und sich Tausende von ihren Sitzen erhoben, liefen mir Schauer über den Rücken und ich bekam feuchte Augen. Fußball setzt eben Emotionen frei. Das ist ja das Schöne daran.
Irgendwie bin ich ja mittlerweile so ein halber Bayern, als Exil-Franke, seit fast zwölf Jahren an der Isar. Aber es gibt Dinge, die auch ich bisher noch nicht gesehen habe, etwa diese Glockenschüttler mit den überdimensionierten Glocken. Eine Spontanumfrage unter Kollegen hat ergeben: Ich bin nicht allein. Glauben Sie mir, liebe Leser: In Bayern laufen nicht alle Menschen mit einer Riesenglocke vor dem Körper herum. Die Glocken sind - und hier gibt's die Beweisfotos - auch in Bayern vor allem den Rindviechern, den vierbeinigen nämlich, und zwar beim Almabtrieb vorbehalten.
... oiso liabe leid, des war nachad scho a wengal vui kitsch,
Zampal am 09.06.06 20:28
Danke Bernd. Du hast mein Weltbild gerettet.
Olli am 09.06.06 22:04
Meine Güte, sind hier alle hibbelig! Kollege G. nutzt die Gunst der Stunde und baut ein paar Überstunden ab (Zufall? So schafft er es pünktlich zum Anpfiff nach Hause). Derweil streiten die Kollegen H. und F., ob in der „Todesgruppe C“ die Argentinier weiterkommen oder doch eher die Holländer.
Ich bin erstaunlich ruhig. Bin aber seit gestern auch zu nichts mehr zu gebrauchen. Um 16.54 Uhr lief da die Meldung über den Ticker, dass meine SpVgg aller Voraussicht nach keine Lizenz für die Regionalliga erhält. Ein Schock, auch wenn ich das schon befürchtet hatte. Kann es wahr sein, dass jeder "Dorfklub" in Deutschland einen Hauptsponsor findet, nur die "Altstadt" nicht?
Sponsoren, meldet Euch! Damit ich wieder vernünftig arbeiten und die WM-Spiele genießen kann. Da tröstet mich auch nicht, dass sich plötzlich, nach langer Zeit mal wieder, alte Freunde melden und mir ihr "Beileid" bekunden.
Trösten könnte mich heute wohl nicht einmal so ein Turnierauftakt wie 2002, als Deutschland einen 8:0-Sieg gegen Saudi-Arabien feierte...
In Frankfurt spielt morgen England gegen Paraguay. Und damit sich die englischen Fans fast wie zu Hause fühlen, werden bei der Polizei auch echte Bobbys für Ordnung sorgen. Die Besucher von der Insel können sich auf Hilfe in perfektem Englisch freuen. Und man merkt in Frankfurt, dass schon viele englische Fans in der Stadt sind.
Da stehen sie alle am Spielfeldrand: Klose, Odonkor, Asamoah, Neuville und so weiter. Denn nun geht es los, die Eröffnungszeremonie beginnt. Die Costa Ricanischen Fans nutzen die Gegelgenheit, ihre Sangeskünste zu präsentieren. Doch sie sind in der Unterzahl und werden sofort von den Deutschen überstimmt.
Wir sind in Bayern: Die Lederhosenfraktion betritt das Spielfeld. Wir sind dabei! Es geht los!
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Wie eine lebende Kartensuchsprechmaschine klingt der verzweifelte Deutschland-Fan vor der Münchner WM-Arena. Ob das mit den Tickets was wird, muss bezweifelt werden. Aber vielleicht springt ja ein Jobangebot als Marktschreier heraus.
Keine drei Stunden mehr bis zum Anpfiff. "Behandelt's das Eröffnungsprogramm liebevoll. Da haben sich eure Landsleute den A... für aufgerissen", gibt mir André Heller vor der Haupttribüne der Münchner WM-Arena mit einem freundschaftlichen Schulterklopfen auf den Weg. Zwei Wochenenden im strömenden Regen, jeweils sieben Stunden lang, hat der Wiener Kulturschaffende mit den Aktiven auf dem Stadionrasen den Show-Kick-off zur WM geprobt. "Wir waren nass bis auf die Unterhosen", schmunzelt er. Herausgekommen sei dabei "ein Meisterwerk. Ihr müsst es einfach liebhaben." Besonders beeindruckt habe ihn "die unglaubliche Kraft der Bayern". Selbst die Hip-Hop-Tänzer hätten offenen Mundes gestaunt bei den so genannten Goaßlschnalzern (Peitschenschlägern) und Trachtengruppen mit ihren bis zu 40 Kilo schweren Glocken. Heller glaubt, dass gleich nicht nur die Eröffnungszeremonie ein Hit ist. Sein Tipp fürs Spiel: "3:1 für Deutschland."
München feiert sich in einen WM-Rausch: Prächtige Stimmung vor dem Stadion, beim offiziellen Fan Fest im Olympiapark sowieso, genauso auf dem Münchner Marienplatz. Da moderiert Verona Feldbush aka Pooth das WM-Warmup, Models in (knapper) WM-Mode balancieren über den Laufsteg.
In München nichts Neues: Da hatte ein Unterwäschehersteller schon am Vortag die Idee, Models in Bikinimode aufs Glitzer-Spielfeld zu schicken. Mit dabei war unter anderem Raica Oliveira, die derzeitige Freundin des brasilianischen Weltstars Ronaldo. Während die ihre Beine also schon publikmumswirksam - erfolgreich - eingesetzt hat, steht das dem brasilianischen Stürmerstar allerdings noch bevor. Ihn wird man bei dieser WM wohl vor allem an Rekorden messen: Bricht er die ewige WM-Bestenmarke von Gerd Müller (drei Treffer fehlen ihm noch), holt er seinen dritten Titel - und zieht mit Pelé gleich?
Es geht los. Ich war gerade auf dem Augustusplatz. Es ist alles aufgebaut. Jetzt fehlen nur noch die Fans. Der MDR ist groß dabei: mit Studio, Live-Gästen und Bühnenprogramm. Die Spiel werden live zwischen Gewandhaus und Oper übertragen.
Und: Wir von MDR.DE bestimmen die Nachrichten. Meldungen aus aller Welt laufen in einem Crawl über die riesigen Video-Leinwände – solange nicht gerade die Spiele übertragen werden. Die Sportmeldungen kommen übrigens von Sport.ARD.de. Also: Wer mit dabei ist, ist immer gut informiert.
Der große Tag ist also da, und der große Tag passiert in München. Schade, Berlin. Trotzdem lassen sich auch die Hiergebliebenen nicht die Stimmung verderben, im Gegenteil. Schon heute morgen auf dem Weg zu Arbeit sehe ich die erste Deutschlandflagge auf dem Nachbar-Balkon.
Ebenfalls sehr im Trend - zumindest heute schon hundertfach gesehen - kleine WM-Flaggen am Auto, rechts, links, am Spiegel, aus den Fenstern, am Kofferaum... Heute bekennt ganz Berlin Farbe - bzw. drei Farben - auf Schlüsselbändern, Mützen, T-Shirts. Mein Favorit: Deutschland-Pom-Poms.
Habe erst im Büro bemerkt, dass ich mich dem patriotischen Massentrend unbewusst angepasst habe: siehe Beweisfoto meiner Tasche...
Wenig patriotisch dagegen, der Kollege im Radio heute morgen: "Freuen Sie sich mit uns auf die WM - Vorfreude ist schließlich die schönste Freude. Nach heute Abend kann das schon ganz anders aussehen..." Empörend, dieser Mangel an Überzeugung. Danke dagegen an Jürgen Klinsmann für das Zitat des Tages: "Wir werden auf alles losgehen, was sich da bewegt auf'm Platz!" Genau!
Nur dumm, dass ich mich mit dem knappen Kilogramm an Infos, die man mir gestern im Kölner Pressezentrum in die Hand gedrückt hat, nicht noch in aller Ruhe für eine Woche bis zum Beginn der WM zurückziehen kann. Womit fange ich an? Mit dem Grußwort unseres Ministerpräsidenten ("Dear soccer fans from near and far!“)? Oder mit dem "Willkommen in Deutschland“-Faltplan? Der suggeriert doch tatsächlich, die DFB-Mitgliederzahl (6,3 Millionen) zähle neben Währung, Hauptstadt, Vorwahl, Zeitzone und Einwohnerzahl zum Elementarsten, was man über dieses Land wissen muss. Keins von beidem: In den verbleibenden Stunden bis zum Anpfiff werde ich mir stattdessen wohl das 90 Seiten umfassende FIFA-Disziplinarreglement zu Gemüte führen. Denn schon beim flüchtigen Querlesen habe ich meine erste Wissenslücke schließen können („Artikel 49, Raufhandel: Ein Spieler, der sich an einem Raufhandel beteiligt, wird für mindestens sechs Spiele gesperrt“). Und wenn dann noch Zeit bleibt, kauf ich Wimpel - nicht fürs Auto, sondern für den Hinterhof.
P.S.: Kann mir mal jemand erklären, was genau einen Raufhandel von einer Tätlichkeit unterscheidet? Oder ist der FIFA da beim Copy&Paste eine Formulierung von 1954 durchgerutscht?
Gestern bei Kerner (bei wem auch sonst?!) habe ich zum ersten Mal den offiziellen WM-Song gehört. Herbert Grönemeyer knödelte „Zeit, dass sich was dreht“ – eine Mischung aus Latino-Klängen, Nelly Furtado (in schlechter Erinnerung an die EURO 2004) und deutschem „Ole-ole-Gegröhle“.
Mensch, Herbert! Wie hast Du Dich doch verändert! Vor ein paar Jahren noch hättest Du Dich nicht dafür hergegeben, hättest stattdessen über das Kommerz-Gejodel gelästert und Dich verweigert. Nun also johlst auch Du im Namen der FIFA.
„Un` Estate Italiana“ von Gianna Nannini – das war noch ein WM-Song 1990... Aber was soll’s!? Alles pillepalle! Hauptsache der Ball rollt endlich. Zeit, dass sich was dreht!
Tja, die Sportfreunde Stiller machen uns mit "54-74-90-2006" halt vor, wie man abseits "offizieller" Hymnen einen tatsächlichen Knaller landet. Da kann der alte Herbert nicht mithalten... ;-) Ätsch!
Lomovogt am 13.06.06 16:54
Wir wären dann so weit. Wir tragen Federboa in Schwarz-Rot-Gold, die Getränke sind bestellt, das Fußballbrettchen für die Schnittchen zum Spiel ist organisiert - und die Redaktion geschmückt. Nur ein kleines Nebenbüro leistet unaufhörlich Widerstand gegen unsere WM: Dort hängt noch der Schal von der Euro 2004 in Portugal - als der Kollege eine portugiesische Freundin hatte. Aber das ist eine andere Geschichte...
Rechenspiele vor dem großen Turnier. Die WM beginnt, hier und jetzt, und die Optimisten unter uns wissen: Deutschland wird Weltmeister. Warum sie so sicher sind? Es gibt hundert Gründe. Hier ein Auszug:
Deutschland wird Weltmeister, weil ...
... wir DIE Turniermannschaft sind!
... Lothar Matthäus bei seinem Engagement in Brasilien in Wahrheit die brasilianische Nationalmannschaft beobachtet hat.
... weil diesmal im Finale Olli K. keinen Fehler machen kann...
... unsere Gegner die Ersatzbank mit dem Tor verwechseln, da dort der Olli K. hockt...
und weil 54 x 74 - 1990 = 2006 ist.
"Als echter Linksfuß war ich in der Jugend beim Männerturnverein Henstedt (bei Hamburg) als Außenverteidiger aktiv, manchmal auch als Libero."
> Du warst niemals libero!
Ansonsten klasse, ganz schön viel. Und augen offen halten. Ich will die alltäglichen perversionen dieser wm lesen!
Dr. Schuh
Dr. Schuh am 09.06.06 14:51
http://www.54x74-1990.de/
Gibt sogar ne Seite dazu^^
Jürgen am 27.06.06 21:21
Tja, jetzt heisst es wohl:
74 - 54 + 1990 = 2010
Cyjackz am 05.07.06 12:57
Leipzig füllt sich. Die Fans kommen. Nur noch wenige Stunden bis zum ersten Spiel am Sonntag (Serbien Montenegro gegen Niederlande).
Aber auch die Umgebung bekommt etwas ab: Bei Bitterfeld in Sachsen-Anhalt ist ein Campingplatz umgetauft worden. „Oranjecamping 06“ heißt er nun, denn Orange schaut es überall aus, die Farbe der Niederländer. 800 sollen es hier werden. Insgesamt erwartet Leipzig 6.000 niederländische Ticketbesitzer. Sie wollen am Sonntag vor dem Spiel ihr eigenes Fest feiern, um dann in einer gemeinsamen Oranje-Parade durch die Innenstadt zum Zentralstadion zu ziehen.
Die akkreditierten Journalisten haben bereits einen Vorgeschmack davon bekommen, was die Zuschauer heute vor dem WM-Eröffnungsspiel erwartet: penibelste Kontrollen an den Eingängen der Münchner WM-Arena nämlich. Und die werden mit der weltweit berühmten (je nach Standpunkt auch berüchtigten) deutschen Gründlichkeit durchgeführt. Motto: Vom Kamm bis zur Kamera kommt kein Gegenstand unidentifiziert an den Sperren vorbei. Jede Tasche wird auf den Kopf gestellt, jedes Hemd quasi auf links gedreht. Ein englischer Journalist schüttelte angesichts dieses Eifers verwundert den Kopf. Nun kann man von den deutschen Tugenden, zu denen eben auch Gründlichkeit gehört, halten, was man will. Unserem englischen Kollegen sei aber das berühmte, von Gary Lineker geprägte und von eben diesen deutschen Tugenden inspirierte Bonmot ans Herz gelegt: "Fußball ist ein Spiel, bei dem 22 Mann einem Ball hinterlaufen und am Ende gewinnt immer Deutschland." Möglicherweise schon wieder im WM-Achtelfinale - gegen England.
Ich bin in einen Pulk mexikanischer Journalisten geraten, die mich für das mexikanische Fernsehen interviewt haben. Vor Aufregung habe ich vergessen, ein Foto zu machen. Ich bitte um Nachsicht. Sie wollten, dass ich für sie die deutsche Nationalhymne intoniere. Tja, ich bin nicht Sarah Connor, selbstverständlich kam ich der Aufforderung nach und schaffte die dritte Strophe ohne Aussetzer.
Um heute abend peinliche Situationen zu vermeiden, hier noch mal der Text, zum Nachlesen und Nachhören.
Ganz ehrlich: Die WM hat noch gar nicht begonnen, da hat es mich schon mehrmals gejuckt, diese albernen Ins-Autofenster-Einsteck-Fähnchen einfach...
Natürlich hab ich`s nicht gemacht, aber gejuckt hat`s schon irgendwie. Nichts gegen Fahnen, nichts gegen Wimpel und auch nichts gegen halbwegs unaufdringlich präsentierten Nationalstolz. Aber eigentlich gibt es doch nur einen Ort, an dem diese schwarz-rot-gelben Fähnchen wehen dürfen: Links und rechts auf der Kühlerhaube von Horst Köhler.
Das wirklich Dumme an diesen Dingern ist ja, dass sie fest mit dem Klemmdings fürs Fenster verwachsen sind. Ich hatte gehofft, dass man sie aus der Halterung lösen kann - dann hätte ich gerne nachts die Fahnen im Viertel vertauscht. Ein bisschen "multikulti" würde allen Flatterfahrern gut tun!
Sabine am 11.06.06 17:37
Eine Fußball-WM mit zwei halbwüchsigen Jungs – Leute, das geht richtig ins Geld! Die Fan-Caps und T-Shirts gab’s ja günstig beim Discounter um die Ecke. Aber die Verpflegung!
Jungs an der Grenzen zur Pubertät leben vor allem in einem Aggregatzustand: Hunger! Vier bis fünf Tüten Chips pro Abend, null problemo. Das ganze wird mit mindestens drei Liter- Flaschen Eistee, Cola oder Limo runtergespült. Für die nötige Grundlage vor dem Spiel werden ein bis zwei Grillsteaks verzehrt. Später dann - für den „kleinen Hunger zwischendurch“ - liegen noch eine Packung Weingummis und zwei Tafeln Vollmilch-Schokolade bereit. Da sind die drei Weizenbier für Papa (eins für jede Halbzeit und einen „Trostschoppen“, falls Deutschland unentschieden spielt) und die Flasche trockener Riesling für Mama (hält auch noch bis morgen) geradezu lächerlich.
Beim Blick auf den Kassenbon überlege ich, ob ich dafür beten soll, dass Deutschland spätestens im Achtelfinale ausscheidet. Oder ich muss einen Kleinkredit aufnehmen.
Guten Tag, es ist so weit. Ich habe meinen Rucksack gepackt und stehe am Bahnhof in Köln (in Wirklichkeit sitze ich längst im Zug und schreibe diesen Eintrag). Die halbrunde Gewölbedecke des Kölner Bahnhofs ziert seit kurzem ein Stoffbanner, dass dem Deckengemälde der Sixtinischen Kapelle in Rom in nichts nachsteht - zumindest aus Sicht eines Fußballfans.
Der Sportartikelhersteller mit den drei Streifen hat die Bahnhofsfläche zur eindrucksvollen und halsverrenkenden Werbefläche umgestaltet - gute Idee. Hoffentlich kicken unsere Jungs heute abend ebenso himmlisch.
Ich kanns kaum fassen, es ist soweit. Wir haben WM! Jahrelang drauf gewartet, dann die Monate und schließlich die Tage runtergezählt. Und jetzt, jetzt geht es los. Vorhin war ich nochmal auf dem Hauptmarkt, um den Stand der Vorbereitungen zu checken. Dort soll heute Nachmittag ne große Fanparty ihren Anfang nehmen. Eine gemütliche Biergartenatmosphäre soll verbreitet werden, meint der Festwirt. Aber ich glaube, mit Gemütlichkeit wird es da nichts werden - spätestens wenn die Holländer ins Achtelfinale kommen. Schon jetzt bereitet man sich auf die Oranje-Invasion vor. Ganz Nürnberg in Orange getaucht - wenn es einen Fußballgott gibt, dann wird er mir das ersparen.
ja hallo herr franz!!!!!
ich sehe, sie sind im dienst und nicht etwa schon im trainingsanzug neben einer großen tüte chips im sessel daheim. das lob ich mir, das nenn ich einsatz.
zu wissen, dass sie die wm hier fachmännisch begleiten, steigert meine freude auf die vor mir liegenden vier wochen natürlich nicht unerheblich! wow!
darf ich mich denn hier bei ihnen melden, wenn ich wichtige fragen habe zur kleiderordnung, soziokultureller bedeutung oder regelwerk?
höchst achtungsvoll und schon nationalbunt bemalt im gesicht,
petra breitenbach
petra breitenbach am 09.06.06 15:02
München ist Rom. Das WM-Stadion ist Rom. Überall Schilder, Hinweise, Pfeile: Hier geht's zum Stadion. Leicht zu finden. Zumindest leichter, als zum eigenen Arbeitsplatz. Der Blogger im WM-Rausch, ausgestattet mit den täglichen brandheißen News der Boulevardpresse, verpasst sämtliche Trambahn- und U-Bahnstationen. Ostbahnhof statt Wettersteinplatz, Hauptbahnhof statt Sendlinger Tor. Wenn man liest, begibt man sich mit dem öffentlichen Münchner Verkehr ganz unfreiwillig auf eine Odyssee durch die Stadt.
Immerhin ein Vorteil: Man kommt rum, sieht viel von der Stadt des Eröffnungsspiels und kann seine Gastgeberqualitäten unter Beweis stellen. Am Hauptbahnhof treffe ich auf eine Gruppe Mexikaner. Mexikaner? In München? Spielen die nicht in ... Die Bestätigung folgt im Multi-Small-Talk in diversen Sprachen: Die wollten tatsächlich nach Nürnberg zum Spiel gegen den Iran. Haben nur irgendwie die richtige Station verpasst ...
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