Schlosshotel Grunewald, kurz vor 19 Uhr: Die Nationalspieler schwärmen aus zum Abendprogramm. Arne Friedrich gibt den Fans Autogramme. Oliver Kahn winkt immerhin. Torsten Frings lugt verstohlen hinter der Gardine seines Zimmers hervor. Dann heißt es: Bühne frei für Lukas Podolski.
Er setzt sich hinter das Steuer eines Cabrios, David Odonkor nimmt neben ihm Platz. Mit einem Kavaliersstart, sprich aufheulendem Motor, schießt er durchs Hoteltor. Gibt Gummi. 30 Meter weiter bremst er. Die Reifen quietschen vor jener rosafarbenen Villa, in der sich die Bild-Zeitung einquartiert hat. Poldis geballte Faust fliegt aus dem Seitenfenster. Dazu stimmt er seinen ganz persönlichen Schlachtgesang an: "Wir woll'n die Presse sehen, wir woll'n die Presse sehen..." Dann tritt er wieder aufs Gas und weg ist er. Amüsiertes Schmunzeln bei Polizei und Fans. Wenn Podolski gegen Costa Rica genauso auf den Putz haut, erleben wir einen Traumstart in die WM.
köstlich!
sepp am 07.06.06 23:38
"Wir werden Costa Rica weghauen!"
Mach et, Poldi!!!
hajo am 08.06.06 11:32
Vorsicht, David Odonkor, das könnte ansteckend sein ... andererseits: Wenn der Dortmunder dafür lernt, wie der Turbo im Spiel gezündet wird und dann die Tore "mit Getöse" fallen, dann soll uns das recht sein.
Übrigens: Der Tipp auf Lukas Polski als Torschützenkönig der WM war mir zehn Euro wert. Ernsthaft. Andererseits würde ich den doppelten Betrag drauf setzen, dass der Kölner während der WM im Knast sitzt - wegen zu schnellen Fahrens im Benz-Cabrio. Und das meine ich nicht wirklich ironisch.
F. Alonso am 08.06.06 21:05
Das japanische Pärchen am Potsdamer Platz amüsiert sich köstlich über das, was da in einer Berliner Tageszeitung steht. Obwohl die beiden kein Wort verstehen. Fürs Übersetzen ist ihr Begleiter zuständig. Was die drei so erheitert, ist die Schlagzeile "Ronaldo gibt Vollgas: Party bis 5.45 Uhr." Die Samba-Selecao, Gruppengegner der Japaner, bolzt ja offenbar auf ihre ganz eigene Weise Kondition: mit viel Musik, noch mehr Caipirinha und einer Armada an Party-Girls. Erst wenn die Vöglein erwachen, fallen Ronaldo & Co in die Federn. Nun hoffen die Nippon-Fans, dass die Brasilianer ihrer "WM-Vorbereitung" Tribut zollen und Federn lassen müssen. Das erinnert uns doch an den Fall Ungarn(s) 1954. Die Magyaren hielten sich auch schon für die Weltmeister, bevor der erste Ball gespielt war. Der Rest ist Geschichte - und was für eine.
Es ist ein bisschen wie Weihnachten. Zumindest habe ich den Eindruck, wenn ich mir die Männer in meinem Umfeld so ansehe … alle im Countdown-Wahn - zweimal werden wir noch wach, heißa etc.
Sämtliche Unterhaltungen im Büro beginnen mit „Bist du schon für’s Tippspiel angemeldet?“ oder „Wie, du hast deine Vorrunden-Tipps noch nicht abgegeben?“ Für wen Fußball nicht Prioritätsstufe 1 hat, der (oder in meinem Fall, die) wird nicht nur schief angeguckt, sondern auch heftigstem Gruppendruck unterworfen.
Also habe ich seit heute ein Login für das Büro-interne Tippspiel. Und auch mein Schreibtisch wurde dem Anlass entsprechend umdekoriert: Jetzt kann ich mich mit Zielübungen auf eine kleine Spielzeug-Torwand ablenken, wenn ich mal wieder eine Schreibhemmung habe…
Berlin macht sich indessen fit für die offizielle Eröffnung der Fanmeile zwischen Siegessäule und Brandenburger Tor. Das Wetter ist ja schon mal party-tauglich, also wird die Straße des 17. Juni heute garantiert die beliebteste „after-work-lounge“ der Stadt sein. Die zentrale Leitstelle der Berliner Polizeit vermeldet auch schon, die die Verkehrslage rund um das Brandenburger Tor sei zur Zeit "angespannt"… Ich wage mal die Vorhersage: es kommt noch dicker.
Habe heute diesen Handzettel in der Kölner Fußgängerzone gefunden. Karten für das Spiel England gegen Schweden werden da gesucht. Aha! Mal sehen, was die Herren Schwarzhändler bereit sind zu zahlen.
Ich rufe also eine der beiden Nummern an und erfahre von "Harry", dem Schwarzhändler aus England, dass er bereit ist, mir je 1.000 Euro für zwei Karten der ersten Kategorie für das besagte Spiel zu zahlen. Der Originalpreis wäre 100 Euro gewesen. Er wäre sogar bereit, mir zusätzlich Karten für eine weniger stark nachgefragte Partie zu besorgen, Togo - Frankreich zum Beispiel. Das Kleingeld für den Sommerurlaub gesponsert vom Schwarzmarkt und trotzdem nicht auf das Stadionerlebnis verzichten? Da könnte man glatt schwach werden.
Ob es denn ein Problem sei, dass mein Name auf der Karte steht? "Nein, nein, kein Problem. Das sind Karten für Geschäftspartner", erklärt Harry. Die seien total vertrauenswürdig. Aha. Ich könnte mir also einen Sommerurlaub verdienen, müsste aber mit dem Risiko leben, dass andere Menschen im Stadion sitzen, von denen die FIFA ausgeht, es wäre der rechtmäßige Kartenbesitzer... Nicht auszudenken, es flöge ein Feuerzeug oder ein Bierbecher an den Kopf von Michael Owen. Und mein Name würde eingeblendet werden, schließlich war der Sitzplatz ja eigentlich für mich vorgesehen... Ich könnte wohl nie mehr nach England reisen.
Glücklicherweise habe ich gar keine England-Karten zu verkaufen.
Hier ein paar lustige oder kuriose Meldungen der letzten Tage, die im Zusammenhang mit der WM stehen: Bitburger gehen die Bierflaschen aus. Da kann ich irgendwie nur "Dumm gelaufen" dazu sagen. Man sollte doch eigentlich erwarten, dass irgen...
Am letzten Wochenende beeindruckte Frankfurt mit der SkyArena, einer Licht- und Musikshow zur Geschichte der Fußball-Weltmeisterschaften. Das Besondere daran: Neun Hochhäuser der spätabendlichen Frankfurter Skyline bildeten die Leinwand für die spektakuläre Einstimmung auf die WM. Und die schönen Eindrücke waren eine angemessene Entschädigung für das Gerangel um die besten Plätze, denn es wurde richtig eng in der Stadt.
Tja, und jetzt sind es plötzlich nur noch zwei Tage bis zum WM-Eröffnungsspiel. Bin ich richtig vorbereitet? Jein. Ich wurde in den letzten Wochen zur Teilnahme an diversen Tippspielen eingeladen, habe aber bis heute noch nichts ausgefüllt. Trotzdem bin ich schon gespannt, wie meine Tipps im Vergleich mit den "Fußballfreaks" abschneiden werden. Vielleicht ist es sogar mein Vorteil, dass ich kein großartiges Fußballwissen aus den letzten Jahrzehnten habe.
"Hey Olli, kommst du mit auf ein Konzert. Am 14. Juni, ich habe die Karten schon besorgt", fragte mich neulich eine Freundin. Schön, wenn man Menschen kennt, die an einen denken. Doch irgendwas war da doch am 14. Juni. Klar, Deutschland gegen Polen in Dortmund. Wie konnte ich das vergessen. Ich muss den Konzertbesuch leider absagen.
Das Privatleben bleibt für vier Wochen auf der Strecke. Heute in München, morgen in Hamburg, dann weiter nach Köln. Rasender Reporter zu sein hat auch seine Schattenseiten. Doch der Gedanke, nicht dabei zu sein, wenn Poldi am 14 . in seiner Rolle als Lukas "Polski" seine, unsere Nationalmannschaft zum Sieg schießt, lässt mich alle privaten Entbehrungen vergessen. Fast alle, zum Spargelessen am Sonntag wäre ich gern mitgekommen.
Lieber Olli, ich weiß den Spargelkommentar zu schätzen :o) Aber der tausch gegen die Akkreditierung ist ja auch kein schlechter.
Lieben Gruß und noch viel Erfolg,
Marianne
Marianne am 14.06.06 09:29
Der Tag würde kommen. Unweigerlich. Das war klar. Seit Jahren nervt mich meine Mutter mit der Bitte, doch endlich mal meine alten Sachen wegzuschmeißen oder wenigstens auszumisten; die alten Schulordner, die seit 20 Jahren oder noch länger im Keller meines Elternhauses vor sich hin stauben, die schon ausgeblichenen Ausgaben des „Musik Express“, den ganzen alten Krimskrams eben.
Jetzt rächt es sich, dass ich es bis heute nicht gemacht habe. Denn irgendwo in den Kartons zwischen Bergen von Papieren und Heften liegt noch mein Panini-Sammelalbum zur Fußball-WM 1978 in Argentinien. Heute und morgen findet in Mainz eine Panini-Sammelbörse statt. Und eins ist klar: Mit meinem Album könnte ich da richtig absahnen.
Man muss nur mal bei ebay schauen: Da gehen Sammelalben von früheren Weltmeisterschaften regelmäßig für drei- bis vierstellige Beträge weg. Und die sind noch nicht mal immer komplett! Leicht auszurechnen, wie da so ein Heft bei der Sammlerbörse im Mainzer Unterhaus gehandelt wird.
Der WM-Held 1978 war Argentiniens Mario Kempes. In guter Erinnerung geblieben sind mir auch die Peruaner, die eine sensationelle Vorrunde spielten und natürlich die Schmach gegen Österreich in Cordoba („I wer’ narrisch!…“). Na ja!
Das Panini-Album hatte ich zusammen mit meinem Schulfreund Uwe. Zu zweit reichte unser Taschengeld, um das Album fast voll zu kriegen. Am Ende fehlten uns nur das Mexiko-Wappen und Deutschlands Rechtsaußen Rüdiger Abramczyk.
500 Euro oder so könnte das Album heute abwerfen. Aber wenn ich’s mir recht überlege… verkaufen käme nicht in Frage. Mir würde das Herz bluten! Stattdessen würde ich mich wohl an Namen wie Kenny Dalglish oder Bruno Pezzey erfreuen und einfach nur drin schmökern.
Bei seiner Ballsicherheit wird selbst manch gestandener Profi-Kicker neidisch. Mit vier Bällen gleichzeitig zu jonglieren ist für Fußball-Johnny kein Problem. Er schafft auch an der Torwand unten drei Treffer - per Hacke, mit dem Rücken zur Wand. Dabei ist Fußball-Johnny kein Kicker, sondern, wie er selbst sagt, "nur Artist". Zwischen Scampi im Watenblatt, Mozartkugeln vom Kalb oder zweierlei Süppchen im Schnapsglas servierte der Berliner seine Kabinettstückchen beim DFB-Presse-Kick-off am Dienstagabend in der Berliner Mercedes-Niederlassung.
Die versammelten Journalisten hatten ihren Spaß an seinen Künsten. Vor denen zeigt er sie wohl auch lieber als vor Fußball-Profis: "Die nehmen einem gleich den Ball ab und wollen zeigen, dass sie es besser können. Das ist das Ego." Nun, Johnny lässt sie stets machen. "Ich sage denen dann immer: Wenn ihr fertig seid, sagt mir Bescheid. Meine Gage habe ich so oder so." Scheint auch ein Lebenskünstler zu sein, der Fußball-Johnny.
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