Merhaba aus dem Atatürk-Olympia-Stadion. Jetzt weiß ich auch warum hier keiner hin will. Die Betonschüssel mit Laufbahn liegt nicht nur fast in Griechenland, es ist auch - sagen wir mal ganz schön frisch hier oben auf der Tribüne.
Auch unser letzter Hoffnungsträger ist uns im letzten Moment abgesprungen. Deniz Baris hatte sich mit einem Kollegen von der Hamburger Morgenpost und mir verabredet, und wollte vor dem Anpfiff eine Tasse Tee mit uns trinken. Ja genau DER Deniz Baris. Schütze des Golden Tores beim letzten Aufstieg des FC St. Pauli, Mitglied der legendären Weltpokalsieger-Besieger-Mannschaft. Eigentlich ist Deniz auch aktueller Nationalspieler. Aber mitspielen darf er heute Abend nicht. Es gebe da einen kleinen Transferstreit zwischen Fenerbahce und Genclerbirligi Ankara, hat er uns etwas bedröppelt erklärt, deshalb sei er erst einmal für drei Wochen gesperrt.
Eben hat er angerufen und sich entschuldigt. Er kommt doch nicht ins Stadion und trifft sich stattdessen mit ein paar Teamkollegen von Fenerbahce in der Stadt, um das in der WM-Quali für die Türkei so wichtige Spiel Dänemark gegen Griechenland im Fernsehen zu sehen. Tja, so wie er machen das heute Abend wohl die meisten Fußball-Fans in Istanbul.
Die letzten News am Morgen vor dem Anpfiff: Lukas Podolski hat nicht nur den Härtestest beim Abschlusstraining überstanden, sondern offensichtlich auch geschlafen wie ein Pascha. Aus dem Palast hat heute Morgen jedenfalls niemand Alarm geschlagen. Ob Oliver Kahn vor lauter Aufregung wohl überhaupt ein Auge zu gemacht hat? Seine Verena ist in Istanbul eingeflogen und wird ihrem Olli heute Abend auf der Tribüne - ganz feste - die Daumen drücken.
Tja, jetzt muss der Mannschaftsbus nur noch in einem Stück am Stadion ankommen. Warum ich da Zweifel habe? Naja, zwei Mal stand ich in den letzten zweieinhalb Tagen direkt daneben, als es auf der Straße laut schepperte. Einmal saß ich selbst im Taxi, als nur zwei Zentimeter vor unserer Motorhaube eine andere Taxi-Motorhaube zum Stehen kam. Der Taxifahrer, den ich samt Windschutzscheibe schon auf meinem Schoß gewähnt habe, rieb sich demonstrativ die Augen, streckte uns glücklich die Zunge raus, und fuhr lachend weiter.
Wenn ich die Zeitung so lese, dann habe ich Angst. Nicht, weil Journalisten in der Sportberichterstattung mittlerweile Kriegsvokabular benutzen als ginge es um das Leben, von wem auch immer. (Inzwischen wissen wir ja, dass es bei Kriegen heutzutage mei...
Permanente URL dieser Seite: https://www.ard-sportblog.de/archives/2005/10/08/